Seit dem 11. April 2022 läuft vor dem Gericht in Virginia (Fairfax County Courthouse) / USA der Prozess von Johnny Depp (58) gegen Amber Heard (36). Die Schauspieler waren verheiratet, sind mittlerweile geschieden und streiten darum, ob Amber Heard Johnny Depp mit einem Artikel in der Washington Post geschadet hat, und/oder ob Johnny Depp sie (oder Amber Heard ihn) körperlich / mit Worten genötigt hat. Er verklagt Sie auf 50 Mio. Dollar, sie ihn im Gegenzug auf 100 Mio.
Details zum Fall und was das mit Social Media für Unternehmen zu tun hat folgen untenstehend im Text. Falls Sie nicht neugierig sind, wäre jetzt die Gelegenheit, diesen Artikel zu verlassen. 🙂 Wer dabei bleiben möchte, ist herzlich einladen jetzt einzusteigen in die Thematik.
Hintergrund: In einem Artikel aus dem Jahr 2018 hatte Amber Heard mitgeteilt, sie sei Opfer häuslicher Gewalt gewesen. In dem aktuellen Prozess zwischen Johnny Depp und Amber Heard geht es darum, ob der Artikel Bezug zu Johnny Depp hatte und dadurch Johnny Depp Einbußen hatte, z.B. Jobs verloren hat (wie sein Mitwirken am geplanten Film Pirates 6) oder ob er der „Böse“ ist und Amber Heard Schaden zugefügt hat (durch böse Worte, das Werfen von Flaschen durch den Raum, Angriffe, etc.).
Das Internet: Der Fall wird live aus dem Gericht übertragen und ist über diverse Kanäle, z.B. bei YouTube zu verfolgen (Virginia Zeit 9 – 17 Uhr montags bis freitags, wohl noch auf jeden Fall bis 27. Mai 2022). Die Meinungen der Fans sind geteilt: Es gibt „Team Johnny Depp“ und jene, die für Amber Heard sind. Gefühlt sind die Anhänger von Johnny Depp in der Mehrheit. Vor kurzem soll Amber Heard ihr PR-Team ausgetauscht haben, jetzt scheint es auch einige Posts mehr für sie zu geben.
Und ab hier wird es spannend für Unternehmen, die ihre Wirkung online verbessern möchten: Live kann hier beobachtet werden, wie Meinungen im Internet und in Social Media Kanälen entstehen, sich verändern, beeinflusst werden können (oder auch nicht) und was genau das mit Geld / Umsatz zu tun hat.
Dieser Aspekt ist von solcher Wichtigkeit, dass Experten dazu im Prozess als Sachverständige Zeugen gehört werden.
Unter anderem trat Ron Schnell in den Zeugenstand (ein ehemaliges IT-Wunderkind aus USA, der u.a. früher mal mit Sylvester Stallone ein Startup-Unternehmen betrieben haben soll) und analysierte für die Anwälte von Amber Heard Social Media Hashtags und Ihre Bedeutung und zeitliche Entstehung für den Fall.
So sei der beliebteste Hashtag #JusticeforJohnnyDepp . Für Amber Heard gebe es viele negative Hashtags und diese hätten, so erklärte Schnell, nach Aktionen des ehemaligen Anwaltes von Johnny Depp, Adam Waldman, im Februar 2020 zugenommen. Waldman soll damals der Daily Mail einen Audio Clip gesendet haben, in dem Amber Heard Johnny Depp sagte, das Gericht und die Öffentlichkeit würde Johnny Depp auf keinen Fall glauben, dass er ein Opfer häuslicher Gewalt sei (er bräuchte also keinen Prozess gegen sie anzustrengen).
Zuträglich ist im Bereich Social Media für Johnny Depp, dass es sehr viele echte positive Kommentare im Netz (Internet und Social Media) für ihn gibt. Das bedeutet, Kommentare, die von wirklich existierenden Menschen geschrieben wurden, die Johnny Depp mögen, nicht von schnell erstellten Fake-Accounts.
Für Amber Heard scheinen positive Kommentare teilweise auch aus gekauften Quellen, z.B. als Teil einer Kampagne ihres PR-Teams zu kommen. Das ist schlecht, wenn es stimmt, da es die Reputation der Person im Internet schmälert.
Merke: Der User merkt am Ende doch, was echt ist und was nicht. Deshalb: Keine Likes und Kommentare kaufen!
Aber wie steuert man dann „Zuneigung“ im Netz? Da gibt der Prozess auch Hinweise:
Die Basis: Johnny Depp und Amber Heard sind jeweils an jedem Prozesstag mit ihren Anwälten im Gericht und wurden beide bereits nacheinander im Zeugenstand gehört (der Prozess findet vor Richterin, Zuschauern und einer 7-köpfigen Jury statt). Johnny Depp erklärte, er hätte durch den Artikel und die Kampagne von Amber Heard buchstäblich alles verloren. Amber Heard feuerte zurück, er sei zuweilen ein „Monster“ und habe sie beleidigt und geschlagen.
Das Gewicht für Social Media und das Internet liegt hier jeweils nicht in richtig und falsch (Beweise sind strittig, oft war zu den genannten Zeitpunkten der Taten niemand dabei), sondern in der Glaubwürdigkeit der Personen.
Hier liegt Johnny Depp klar vorn. Vor allem, weil er aus medialer Sicht vieles richtig macht: Er ist freundlich zu seinen Fans und Neugierigen, grüßt jeden gleichermaßen (von der Stenotypistin bis zum Mitarbeiter am Eingang) die für ihn aussagenden Zeugen sind klar auf seiner Seite, sein Anwalts-Team und er strahlen im Gerichtssaal große Freundlichkeit und Zuneigung aus. Und natürlich schadet es nicht, dass er hervorragende Anwälte ausgesucht hat.
Amber Heard hat da mehr Probleme: Viele Kommentare im Netz beschäftigen sich damit, dass Sie unecht wirkt, im Prozess ein seltsam aufgesetzt ernstes Gesicht macht, in ihrer Zeugenaussage übertrieben „schauspielernd“ wirkte: Weinen ohne Tränen, Sekunden danach wieder sachlich, dann lächelnd. Ihr Auftreten wirkt künstlich. Das ist schädlich. Es sagt nichts darüber aus, ob sie recht hat oder nicht, aber für die öffentliche Wahrnehmung ist das Gift.
Und was hat das mit Umsatz zu tun?
Johnny Depp soll durch die negative Presse nach dem Artikel von Amber Heard Filmangebote verloren haben (Verlust von etwa 40 Millionen Dollar).
Amber Heard ihrerseits sagt, sie habe durch negative Presse einen Teil ihrer Aufträge verloren, so zum Beispiel seien Passagen aus dem Film Aquaman 2 gestrichen worden (Verlust von Aufträgen über insgesamt 45 bis 50 Millionen Dollar).
Und wie geht es nun weiter?
Ganz unabhängig vom Ausgang des Prozesses gibt es schon eine Annahme wer mehr in der Öffentlichkeit profitiert hat:
Johnny Depp konnte im Prozess seine Persönlichkeit präsentieren und es gibt viele die glauben, er habe dadurch seinen Weg zurück zu Hollywood und damit verbundenen Filmaufträgen gefunden. Er konnte sich als charmanten, aufrichtigen, talentierten Menschen zeigen, der kreativ ist und Fehler nicht verschweigt (er erzählte offen über seine schwierige Kindheit, seinen Alkohol- und Drogenkonsum, sein chronisches Zuspätkommen am Set).
Amber Heard scheint dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung eher verloren zu haben: Man unterstellt ihr Lügen, sie soll Johnny Depp absichtlich verleumdet haben, um an sein Geld zu kommen (sie bekam 7 Millionen Dollar Abfindung bei der Scheidung), sie hatte ihn in unpassenden Situationen fotografiert und soll sich über ihn lustig gemacht und ihn ausgenommen haben. Dazu kommt Ihre wirklich schlechte Performance im Zeugenstand. Schlecht daran für sie war vor allem, dass es so unsympathisch wirkte.
Der Prozess geht noch mindestens bis zum 27. Mai 2022, man wird sehen wie es weitergeht.
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Update: 25. Mai 2022 – Warum man keine Fotos faken sollte
Heute sagte im Defamation Trial unter anderem ein Foto-Experte aus (Bryan Neumeister, usaforensic.com), der erklärte, woran man erkennen kann, das bestimmte im Prozess gezeigte Fotos (welche unter anderem Verletzungen von Amber Heard belegen sollen) möglicherweise bearbeitet wurden. Er erklärte, dass Veränderungen an den Fotos in den EXIF-Daten der Fotos sichtbar werden und wie das festgestellt werden kann. Zudem erklärte er, dass die zur Verfügung gestellten Fotos keine Originale seien, sondern Backups von Backups von Backups von iTunes. Möglicherweise ein schwerer Schlag für Amber Heard, wenn herauskommen sollte, dass sie bearbeitete Fotos in den Prozess eingeführt hat. Man darf gespannt sein.
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Update: 01. Juni 2022 – Johnny Depp hat gewonnen (Amber Heard ein bisschen auch)
Die Jury hat entschieden: Johnny Depp hat seinen Case gewonnen, erhält von Amber Heard 10 Millionen Dollar. Amber Heard bekam ihrerseits auch in ein paar Punkten recht, soll von ihm 2 Millionen Dollar erhalten. Die Depp-Fans sind sehr erfreut. Johnny Depp selbst war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend, war auf Konzerttour in London.